Berliner Transitionsprogramm

Chronische Erkrankungen spielen in der Kinder- und Jugendmedizin eine erhebliche und zunehmend wichtigere Rolle. Sie stellen für die betroffenen Patienten, ihre Familien und das medizinische Versorgungssystem eine große Herausforderung dar. Die Anzahl der chronisch kranken Menschen ist seit etlichen Jahren im Steigen begriffen, nicht zuletzt wegen der Fortschritte der Medizin, die immer mehr Menschen auch bei schweren Grundkrankheiten ein Weiterleben ermöglicht, wenn auch um den Preis chronischer Einschränkungen ihrer Gesundheit und eines langdauernden Bedarfs besonderer Unterstützung.

Nach dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KIGGS) leben 38,7 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit einer chronischen Gesundheitsstörung. 13,7 Prozent aller Kinder haben einen besonderen, zusätzlichen Bedarf an Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung – in der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen sind es 15,8 Prozent. Dieser kann aufgrund von relativ häufigen chronischen Krankheiten wie dem Typ 1 Diabetes mellitus oder Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises bestehen, aber auch wegen Behinderungen, angeborenen Fehlbildungen oder sehr seltenen Stoffwechselstörungen.

Je nach Vereinbarung mit den Kostenträgern endet in Deutschland die kinder und jugendmedizinische Betreuung zwischen dem 18. und 21. Lebensjahr. Der Übergang vom kinder- und jugendmedizinischen Betreuungsteam („Transition“) in die 
Versorgung der Erwachsenenmedizin stellt nach allgemeiner Erfahrung eine kritische Phase dar, die sorgfältig geplant und gestaltet werden muss, um das in der kinder- und jugendmedizinischen Betreuung Erreichte nicht zu gefährden. 

Vielen Jugendlichen gelingt kein kontinuierlicher Übergang in die Erwachsenenmedizinische Versorgung und die notwendige Entwicklung von Eigeninitiative und -verantwortung. Sie verlieren so für kürzere oder längere Zeit den Kontakt zu der notwendigen Spezialbetreuung und stellen sich in den fachlich qualifizierten Einrichtungen der Erwachsenenmedizin erst dann wieder vor, wenn – möglicherweise vermeidbare – Komplikationen aufgetreten sind.

Im Rahmen von Einzelinitiativen sind in verschiedenen Ländern lokale Aktivitäten entstanden, die einen geregelten Übergang in eine spezialisierte Erwachsenenmedizin ermöglichen. Generelle, im Versorgungssystem verankerte Lösungen wurden zunächst aber nicht etabliert, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass es keine geregelte Finanzierung transitionsspezifischer Leistungen gibt.

Das Berliner TransitionsProgramm (BTP) setzt an dieser Versorgungslücke an. Es handelt sich um eine Matrix für eine Versorgungsstruktur, die für unterschiedliche Patientengruppen eine geregelte und von den Kostenträgern finanzierte Transition von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin ermöglicht.

Dies setzt allerdings das Vorhandensein entsprechend qualifizierter Versorgungsangebote in der Erwachsenenmedizin voraus. Diese sind glücklicherweise für die meisten Krankheitsbilder vorhanden, fehlen aber auch für einige seltene oder bisher in der Pädiatrie behandelte komplexe Störungen. Der Aufbau solcher Versorgungsstrukturen ist nicht Ziel und Inhalt des BTP und obliegt der Gesundheitspolitik und den entsprechenden medizinischen Fachgesellschaften.

Sie finden nebenstehend Erläuterungen für Fach- und Hausärzte, Jugendliche und Eltern zum Berliner TransitionsProgramm und kurze Erklärungen zum Ablauf und eine Liste der Indikationen.

Die Entwicklung des BTP wurde durch die Förderung der Robert Bosch Stiftung und der DRK Kliniken Berlin ermöglicht.


Auszug aus: Das Berliner TransitionsProgramm. Sektorenübergreifendes Strukturprogramm zur Transition in die Erwachsenenmedizin.
 Jana Findorff, Silvia Müther, Arpad von Moers, Hans-Dieter Nolding, Walter Burger.
Walter de Gruyter GmbH, Berlin / Boston.
ISBN 978-3-11-044035-5
e-ISBN (PDF) 978-3-11-043261-9
e-ISBN (EPUB) 978-3-11-043279-4
www.degruyter.com